Materialistische Perspektive und Sozialforschung nach der Frankfurter Schule III: Die Rekonstruktion des Materialismus

Der Materialismus hätte seine theoretische Kraft in der Kritischen Theorie nicht bewahren können, ohne dass seine Übernahme die Berücksichtigung des Marx’schen Produktionsbegriffs mit sich gebracht hätte. In diesem Sinne ist Jürgen Habermas der Vertreter der Frankfurter Schule, der die Bedeutung von Produktion auf ergiebigste Weise neuinterpretiert hat. Eigentlich gehört Habermas zur zweiten Generation des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, sodass seine Absicht darin besteht, die materialistische Perspektive in der Gesellschaftstheorie auf einer neuen Basis zu rekonstruieren.

 1 Marx: Produktion und Erkenntnis

Wie bekannt ist, kann der materialistische Geist Marxs als Reduktion des Bewusstseins und dessen Produkte auf die sinnliche Gegenstandsproduktion formuliert werden.[1] Der Gedankengang, den Marx vom Dialog mit Kant und Hegel ableitete, um eine solche Perspektive der Wirklichkeit zu entwickeln, wurde von Habermas im ersten Teil seines Aufsatzes 1968 „Erkenntnis und Interesse“ so erläutert:

„Wenn Marx den Hauptmangel des bisherigen Materialismus darin sieht, ‚daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als sinnlich menschliche Tätigkeit, Praxis; nicht subjektiv’, dann gewinnt ‚gegenständliche Tätigkeit’ den spezifischen Sinn einer Konstituierung von Gegenstand, die als Naturgegenstände mit Natur das Moment des Ansichseins teilen, von der Tätigkeit Menschen aber das Moment der erzeugten Gegenständlichkeit an sich tragen. […] Subjekt der Weltkonstitution ist nicht ein transzendentales Bewußtsein überhaupt, sondern die konkrete Menschengattung, die unter natürlichen Bedingungen ihr Leben reproduziert“.[2]

Der Produktionsvorgang, eingeführt als eine Art Inkarnation der Praxis, erscheint also im Marx’schen Gedanke als die einzige Dimension, die fähig ist, das Bewusstsein zu konstituieren; sodass die Identität des Bewusstseins ihrerseits eine produzierte Identität wird.[3]

Der Produktionsvorgang ist ebenfalls bei Marx durch die Arbeit verkörpert, begriffen als „von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingungen des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit, um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das menschliche Leben zu vermitteln“.[4] Es geschieht also durch die sinnliche Arbeit, dass der menschliche Produktionsprozess die bestimmten Formationen der Natur erzeugt, sowie die Produktivkräfte selbst, die das Subjekt befähigen, die Natur zu transformieren und damit seine eigene Identität, als gesellschaftliches Subjekt, zu erschaffen.[5]

Andererseits, insofern die menschliche Tätigkeit nur durch die gesellschaftliche Arbeit die Natur als „objektive Nature für uns“ konstituiert, vermittelt die Arbeit, wie Habermas feststellt, nicht nur die Bedingungen der Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens, sondern gleichzeitig „die transzendentalen Bedingungen der möglichen Objektivität von Gegenständen der Erfahrung“. Die Arbeit wird bei Marx angesehen „als Naturprozeß mehr als ein bloßer Naturprozeß, sie reguliert den Stoffwechsel und konstituiert eine Welt“; und auf diese Weise verwandelt sie sich auch, sagt Habermas, in eine erkenntnistheoretische Kategorie.[6] Deshalb wird die materialistische Untersuchung darauf hinweisen, die Produktivkräfte als „Kategorien der Gesellschaft, die gleichermaßen den realen Lebensprozeß wie die transzendentalen Bedingungen der Konstitution von Lebenswelten bestimmen“, in der Geschichte aufzuklären. Natürlich, weil diese Produktionen ständig die Welt umwandeln, lehnt Marx die Möglichkeit eines fixen Wesens der Gattung ab:[7]Diese Summe von Produktivkräften, Kapitalien und sozialen Verkehrsformen, die jedes Individuum und jede Generation als etwas Gegebenes vorfindet, ist der reale Grund dessen, was sich die Philosophen als ‚Substanz’ und ‚Wesen des Menschen’ vorgestellt, was sie apotheosiert und bekämpft haben…“[8]

Habermas erkennt in den von Marx angezielten Strukturen der gesellschaftlichen Arbeit die Darstellung einer Synthesis von Mensch und Natur. Bei dieser Synthesis geht es aber, im Unterschied zum Idealismus, weder um eine logische Konstruktion, noch um die Erreichung eines transzendentalen Bewusstseins, noch um die Bewegung eines absoluten Geistes, sondern um „die gleichermaßen empirische wie transzendentale Leistung eines sich historisch erzeugenden Gattungssubjektes“.[9] Deshalb machte Marx, weil die Synthesis sich auf das System der Arbeit und nicht auf einen Zusammenhang von Symbolen stützt, die Ökonomie anstelle der Logik zum Anknüpfungspunkt solcher Synthesis. Sie sind die gesellschaftlichen Lebensprozesse, die materielle Produktion und die Aneignung der Produkte, die den Stoff liefern müssen, „an dem die Reflexion ansetzen kann, um die zugrundeliegenden synthetischen Leistungen zum Bewusstsein zu bringen“.[10] Das bedeutet, wie es Habermas ausdrückt, dass nach dem Marx’schen Modell für den Reproduktionsprozess der Gesellschaft die Produktionen eher Produktionen der Natur als des Geistes sind.[11]

2 Marx: eine erkenntnistheoretische Leere

In dem Maße, wie die Identität des Bewusstseins, die Kant als Einheit des transzendentalen Bewusstseins verstand, von der Arbeit produziert wird, stellt jene bei Marx nicht mehr eine unmittelbare Kategorie der Synthesis dar, sondern „Akt des Selbstbewusstseins im Sinne Fichtes“. Dieses Selbstbewusstsein zu erreichen bringt seinerseits, die Auffassung der Arbeit als durch „Naturvoraussetzungen“ bedingten Selbsterzeugungsakt der Gattung mit sich.[12] Aber es ist in diesem Punkt, dass Habermas in der Marx’schen Gesellschaftstheorie eine erkenntnistheoretische Leere findet. Denn, so sagt Habermas, obwohl man durch den Begriff Synthesis die geschichtliche Entwicklung der Arbeit auch als Geschichte des transzendentalen Bewusstseins erfassen könnte, bleibt aber bei Marx ungelöst, in welcher Weise die Produktion der Naturgeschichte als Basis der Selbsterzeugungsakt der Menschengattung, „im Verhältnis zur gesellschaftlichen Produktion begriffen, […]  gedacht werden kann“.[13]

Für Habermas ginge diese Schwierigkeit, eine zufriedenstellende Marx’sche Erläuterung der Naturproduktion als Grundlage der Selbsterzeugung zu finden, nicht aus dem Naturbegriff von Marx hervor, sondern auf seiner reduktiven, auf die Arbeit begrenzten, Vorstellung des Selbsterzeugungsaktes der Menschengattung. Insofern erinnert Habermas, dass es in der Marx’schen Gesellschaftstheorie zwar Platz, neben den „Produktivkräften“, für die sogenannten „Produktionsverhältnisse“ gibt, aber die Reflexion über diese Seite der Praxis, nämlich über die umwälzende Praxis und nicht nur über die Seite des instrumentalen Handelns, spielt im philosophischen Bezugssystem Marxs keine Rolle.

Die Möglichkeit einer radikalisierten Analyse des institutionellen Lebens, in der sich zum Beispiel die Ideologien verstehen lassen, wird also bei Marx nicht berücksichtigt. So im Fall seiner Analyse der menschlichen Geschichte  bedient sich Marx freilich sowohl von Kategorien der materiellen Tätigkeit als auch von denen der kritischen Aufhebung von Ideologien, aber er interpretiert seine Forschung immer im Rahmen seiner auf die gesellschaftliche Arbeit begrenzten Vorstellung der menschlichen Selbstkonstitution. Und das Problem einer solchen materialistischen Synthesis liegt eben darin, dass sie die Reflexion an ein beschränktes erkenntnistheoretisches Selbstverständnis bindet. [14] Denn, wenn Marx

„[…] die Konstruktion des erscheinenden Bewußtseins in eine chiffrierte Darstellung der sich produzierenden Gattung umwendet, legt er wohl den bei Hegel verschleierten Mechanismus des Fortschritts in der Produktivkräfte ist es, die jeweils den Anstoß zur Aufhebung einer in Positivität erstarrten und zur Abstraktion gewordenen Lebensform gibt. Aber zugleich täuscht er sich über die Reflexion selber hinweg, indem er sie auf Arbeit reduziert: ‚das Aufheben als gegenständliche, die Entäußerung in sich zurücknehmende Bewegung’ identifiziert Marx mit einer Aneignung der in der Bearbeitung eines Materials entäußerten Wesenskräfte.“[15]

Der Begriff einer nur aus der gesellschaftlichen Arbeit bestehenden Gegenstandsproduktion reduziert also, Habermas zufolge, die Sozialforschung auf die Ebene des instrumentalen Handelns, aber vor allem verhindert Marx, eine erkenntnistheoretische Selbstreflexion zu begründen, die fähig ist, gegen die radikalisierten empiristischen Interpretationen der Gesellschaftstheorie immun zu bleiben. Tatsächlich, wie Habermas konstatiert, begreift Marx die Reflexion selbst nach diesem Muster der Produktion, und davon, dass es kohärent ist, dass er „zwischen dem logischem Status der Naturwissenschaften und dem der Kritik nicht unterscheidet“.[16]

Es ist auf diese Weise, dass bei Habermas’ Kritik an dem Marx’schen Materialismus die von der ersten Generation der Frankfurter Schule schon behandelte problematische Beziehung zwischen Materialismus und Szientismus wieder aufgenommen wird.

3 Habermas: ein erweiterter Produktionsbegriff

Gegenüber der szientistischen Orientierung des Materialismus, die, wie schon im ersten Abschnitt dieser Arbeit gesagt, der stalinistische Marxismus übernahm und radikalisierte, stellt Habermas im Rahmen seiner sozialen Epistemologie eine Aktualisierung des materialistischen Motivs. Dafür erforscht er in „Zur Rekonstruktion des historischen Materialismus“ von 1976 die wirklichen Bereiche der Marx’schen Konzepte von Arbeit und Gattungsgeschichte.

So fragt sich Habermas zuerst, ob der Begriff der gesellschaftlichen Arbeit die Reproduktionsform des menschlichen Lebens auf ausreichende Weise vertritt.[17] Von einer anthropologischen Analyse ausgehend, folgert Habermas, dass jawohl die gesellschaftliche Arbeit und die Ökonomie im Herzstück der evolutionären Skala stehen. Allerdings stellt er auch fest, dass die ökonomische Evolution die Bedingungen der spezifisch menschlichen Reproduktion des Lebens nicht hätte erfüllen können, bevor keine Art Sprache entstanden wäre. Und das rührt daher, dass das System sozialer Organisation, das durch das Auftauchen sozialer Rollen die Ersetzung des tierischen Status ermöglichte, nicht aus dem instrumentellen Handeln hervorgeht, sondern, sagt Habermas, aus Regeln kommunikativen Handelns; das heißt, die Einführung der „Moralisierung der Handlungsmotive“, die die sozialen Rollen charakterisiert, stützte sich auf die intersubjektive Anerkennung von normierten Verhaltenserwartungen, und das konnte nicht erreicht werden, ohne dass die Sprache schon ausgebildet wäre.[18] Auf diese Weise  bestimmt Habermas, dass „sich in den Strukturen von Arbeit und Sprache erst die Entwicklung vollzogen haben, die zur spezifisch menschlichen Reproduktionsform des Lebens und damit zum Ausgangszustand der sozialen Evolution geführt haben. Arbeit und Sprache sind älter als Mensch und Gesellschaft.“[19]

Was das Konzept von Gattungsgeschichte betrifft, nämlich die menschliche, durch den Produktionsvorgang der vergesellschafteten Individuen aufgefasste Evolution, distanziert sich Habermas von jenem teleologischen Akzent des offiziellen Materialismus, bzw. der Idee, dass Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse Strukturen ausbilden, die zwangsläufig miteinander korrespondieren und auf diese Weise eine endliche und „entwicklungslogisch anzuordnende Reihe von Produktionsweisen“ ergeben. Die Vorgänge, die die gesellschaftliche Reproduktion zu beurteilen erlauben, entziehen sich, behauptet Habermas, dieser Ansicht einer einlinigen, notwendigen, ununterbrochenen und aufsteigenden Entwicklung der Geschichte.[20]

Habermas übernimmt zwar das materialistische Prinzip der Auswertung des geschichtlichen Fortschritts unter den Kriterien des Entwicklungsstands der Produktivkräfte und der Reife der sozialen Verkehrsformen; aber nur nach der Überwindung jener ökonomistischen Fassung der Rolle, die die Produktionsverhältnisse in der Bestimmung der sozialen Verkehrsformen spielen, nämlich des sozialen Bewusstseins und seinem Korrelat, den „Überbau“. In der Tat bezieht Habermas vielmehr die Produktionsverhältnisse auf die verschiedenen Institutionen, die bestimmte Formen sozialer Integration kristallisieren. Und Habermas präzisiert, dass die Einführung dieser Formen von Integration, die zur sozialen Evolution führen, überhaupt „ein Wissen moralisch-praktischer Art“ fordert, und nicht ein technisch-verwertbares Wissen, „das in Regeln instrumentellen und strategischen Handelns implementiert werden kann“.[21]

Deshalb schließt Habermas, unter Berücksichtigung der materialistischen These, die den evolutionären Vorgang durch soziale Bewegungen erläutert, dass nur eine „analytische“ Antwort erklären könnte, „[…] warum eine Gesellschaft einen evolutionären Schritt vollzieht, und wie es zu verstehen ist, daß soziale Kämpfe unter bestimmten Umständen zu einer neuen Form der Sozialintegration und damit zu einem neuen Entwicklungsniveau der Gesellschaft führen.“[22] Diese analytische Erläuterung der sozialen Evolution lautet:

„die Gattung lernt nicht nur in der für die Produktivkraftentfaltung entscheidenden Dimension des technisch verwertbaren Wissens, sondern auch in der für die Interaktionsstrikturen ausschlaggebenden Dimension des moralisch-praktischen Bewußtseins. Die Regeln kommunikativen Handels entwickeln sich wohl in Reaktion auf Veränderungen im Bereich des instrumentellen und strategischen Handelns, aber sie folgen dabei einer eigenen Logik.“ [23]

Diese Analyse erlaubt so Habermas, die Legitimität des materialistischen Fortschrittskriteriums nachzuweisen, in dem Maße, wie die Entwicklung der Produktivkräfte und die Reife der Formen der Sozialintegration sich sowohl auf die Fortschritte in der objektivierenden Erkenntnis, als auch auf die in der moralisch-praktischen Einsicht berufen.[24]

Wie Otto Kallscheuer behauptet, darf nicht übersehen werden, dass der Materialismus des jungen Marxs von diesem Motiv geprägt ist, die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit der Emanzipation – als Verwirklichung der Freiheit – zu spitzen. Und obwohl diese ethisch-politische Grundlage zugunsten einer ökonomischen Wissenschaftstheorie mit der Zeit vermindert wurde, bliebt sie im Hintergrund der späteren materialistischen Marx’schen Reflexionen.[25] In diesem Sinne kann man irgendwie zwischen Marx und Habermas eine fundamentale Kontinuität erkennen, insofern der Versuch Habermas, das Motiv des Materialismus zu rekonstruieren, diese ethisch-politische Suche nach Emanzipation  schließlich wieder aufnimmt.

Aber, wenngleich Habermas wie Marx den kritischen Gehalt dieser emanzipatorischen Interessen aus den Rationalitätsdimensionen gesellschaftlicher Praxis folgert, nimmt Habermas doch in Anspruch, die im Marx’schen Arbeitsbegriff verfehlten moralisch-praktischen Rationalitätspotentialen in die Gesellschafstheorie einzufügen. Solche Leistung setzt für Habermas eine Erweiterung des Konzepts gesellschaftlichen Handelns voraus, die seinerseits, wie schon gesagt, eine sprachphilosophische Analyse der Reife der sozialen Verkehrsformen verlangt – der symbolischen Natur des sozialen Handels, präzisiert Kallscheuer. Wie Kallscheuer sagt, erlaubt die Einführung einer erweiterten Handlungstheorie Habermas so, die Dimension normativen Einverständnisses in sozialer Interaktion hervorzuheben, „die ebenso für eine Erklärung der symbolischen Reproduktion Herrschaftsverhältnissen […] wie für ein angemessenes Verständnis sozialer Konflikte […] unabdingbar ist“. Davon ausgehend wird Habermas durch die Rekonstruktion der materialistischen Vorstellung der Produktion eine Verbindung zwischen Handlungstheorie und „einer an sozialer Emanzipation orientierter Explikation der in den Regeln sprachlicher Verständigung verankerten Geltung moralischer Normen“ festlegen.[26]

 

Fazit

Die in dieser Reihe von Posten dargelegte Interpretation des Materialismus, die die Hauptvertreter der Frankfurter Schule geleistet haben, führt zu zwei Feststellungen. Bei der ersten geht es um die erkenntnistheoretische Bedeutung der materialistischen Perspektive in der kritischen Konzeption der Sozialforschung. In diesem Bezug formulieren Horkheimer und Adorno, neben ihrer Kritik sowohl am Idealismus, als auch am positivistischen Marxismus, die Rolle des Materialismus in der Konstruktion einer Gesellschaftstheorie als die einer Vermittlung für die Befreiung des Begriffs Praxis. Insbesondere Adorno plädiert also für ein wissenschaftliches Verhältnis zwischen Theorie und Praxis, in dem aber die Autonomie der geschichtlichen Praxis gegen alle Arten von voraussetzender Identität unbedingt bewahrt werden kann.

Die Vorstellung der habermasianischen Neuinterpretation des Materialismus lässt zum anderen eine Art von kreativer Aneignung des materialistischen Motivs in der Nachkriegszeit erkennen. Wenngleich die von der ersten Generation der Frankfurter Schule betonten Kritik der instrumentellen Vernunft im Herzstück des philosophischen Projekts von Habermas bleibt, bemerkt er genauso, dass es der kritischen Theorie an einer wirklichen Rekonstruktion der Rationalitätsdimension mangelte, die die Leere der instrumentellen Vernunft erfüllen könnte. Das ist so der theoretische Hintergrund, der bei Habermas die Einfügung der pragmatischen Perspektive in der Sozialphilosophie motiviert. Und es ist diese erkenntnistheoretische Erneuerung, die Habermas durch seine moralisch-praktische Erweiterung der Konzeption des menschlichen Handelns erlaubt, die angemessene Dimension der Begriffe Produktion und überhaupt Arbeit im Materialismus wieder aufzuwerfen.

Schließlich in dieser kurzen Beschreibung der materialistischen Orientierung der Frankfurter Schule lässt sich ein roter Faden erkennen, nämlich die ständig gestellte Frage nach der Möglichkeit eines philosophischen Status für die gesellschaftliche Praxis. Trotz der zwischen der ersten Generation der Frankfurter Schule und Habermas vollgezogenen erkenntnistheoretischen Distanz spielt die Frage nach der Praxis sowohl bei Horkheimer, als auch bei Adorno und Habermas die selbe Rolle, und zwar, die erkenntnistheoretischen Bedingung der Erfüllung des unbeugsamen Wunsches nach Emanzipation zu begründen.

 

Literatur

Adorno, Theodor (1973), Negative Dialektik. Begriff und Kategorien, in: Tiedemann, R. (Hrsg.), Theodor Adorno. Gesammelte Schriften 6, Frankfurt a. M., 137-207.

Barbier, Maurice (1992), La pensée politique de Karl Marx, Paris.

Ehlen, Peter (2008), Vom Sensualismus zum dialektischen Materialismus, in: Coreth, E., Philosophie des 19 Jahrhunderts, Stuttgart, 146-174.

Engels, Friedrich (2009), Einleitung zur englischen Ausgabe (1892), in: Engels, Friedrich, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, Norderstedt, 13-42.

Engels, Friedrich (2010),Introduction to the English edition (1892) of “Socialism: utopian and scientific”, in: Internationalen Marx-Engels-Stiftung Amsterdam (Hrsg), Editionsrichtlinien der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) I-32, Berlin, 109-128.

Habermas, Jürgen (1968), Markens Metakritik an Hegel und Die Idee einer Erkenntnistheorie als Gesellschaftstheorie, in: Habermas, Jürgen, Erkenntnis und Interesse, Frankfurt, 36-87

Habermas, Jürgen (1976), Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, in: Habermas, Jürgen, Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt, 144-199.

Horkheimer, Max (1987), Hegel und das Problem der Metaphysik, in: Schmidt, A. und Schmid, G. (Hrsg.), Max Horkheimer. Gesammelte Schriften 2, Frankfurt a. M., 295-308.

Horkheimer, Max (1988), Die gegenwärtige Lage der Sozialphilosophie und die Aufgaben eines Instituts für Sozialforschung, in: Schmidt, A. und Schmid, G. (Hrsg.), Max Horkheimer. Gesammelte Schriften 3, Frankfurt a. M., 20-35.

Kallscheuer, Otto (1986), Marxismus und Erkenntnistheorie in Westeuropa, Frankfurt.

Lutz-Bachmann, Matthias (1991), Kritischer Materialismus, München.

 

[1] Vgl. Ehlen, Peter (2008), Vom Sensualismus zum dialektischen Materialismus, in: Coreth, E., Philosophie des 19 Jahrhunderts, Stuttgart, 159.

[2] Habermas, Jürgen (1968), Markens Metakritik an Hegel und Die Idee einer Erkenntnistheorie als Gesellschaftstheorie, in: Habermas, Jürgen, Erkenntnis und Interesse, Frankfurt, 38.

[3] Vgl. Ibid., 55.

[4] Marx, Karl (1960), Das Kapital, Berlin, I, 47; zitiert in: Habermas (1968), 39.

[5] Vgl. Habermas (1968), 55.

[6] Vgl. Ibid., 39-40.

[7] Vgl. Ibid., 41-42.

[8] Marx, Karl (1959), Deutsche Ideologie, Werke III, Berlin, 38; zitiert in: Habermas (1968), 42.

[9] Habermas (1968), 43.

[10] Ibid., 44.

[11] Vgl. Ibid., 42-44.

[12] Vgl. Ibid., 55-56.

[13] Ibid., 58.

[14] Vgl. Ibid., 58-59.

[15] Ibid., 60.

[16] Ibid., 61.

[17] Vgl. Habermas, Jürgen (1976), Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, in: Habermas, Jürgen, Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt, 147.

[18] Vgl. Ibid., 148-152.

[19] Ibid., 151.

[20] Vgl. Ibid., 152-154.

[21] Vgl. Ibid., 156-160.

[22] Ibid., 162.

[23] Ibid., 162-163.

[24] Vgl. Ibid., 194.

[25] Vgl. Kallscheuer, Otto (1986), Marxismus und Erkenntnistheorie in Westeuropa, Frankfurt,30.

[26] Vgl. Ibid., 247-248.

Deja un comentario